9/11
Die Straße, die wir eigentlich fahren wollten, war wegen eines Waldbrandes gesperrt. Der Ort, durch den wir durchkommen sollten, wurde evakuiert. Wir sind an dieser Stelle ungefähr umgekehrt. 
Stattdessen fuhren wir östlich des Gebirgszugs durch Prärielandschaft. 
Auch am Abend war der Dunst noch so stark, dass die Sonne nicht richtig durch kam. 

12.09. 

Es ging weiter durch Halbwüsten oder durch Dörfer und Felder. 
Die Waldbrände haben sich über Washington, Oregon und Kalifornien ausgebreitet. Die Luft ist teilweise furchtbar. 
Irgendwann wurde es dann wieder besser. 

13.09.

Am Morgen war die Luft noch schlechter als am Abend davor. 
Der Ranger des Elektrizitätswerks von dem Staudamm, an dem wir standen, kam nach dem Frühstück vorbei, um uns natürlich mitzuteilen, dass wir dort nicht campen dürften. Am Abend davor waren wir schon in der totalen Einsamkeit, als wir zwischen abgeernteten Feldern an einer kleinen Böschung am Wegesrand standen, von jemandem, der von Kopf bis Fuß in Camouflage gekleidet war (als käme er direkt aus Russland) verjagt worden. „Private property“… und als ich anfing, etwas zu betteln, sagte er nur, ihm wäre es ja völlig egal, aber sein Chef (zu dem er ja erst mal schnurstracks hingefahren war, nachdem er uns dort entdeckt hatte…) möchte es leider nicht. Nur zum „hunting“ dürften wir da stehen. Aber sonst soll da keiner campen. In Kanada hatten wir einmal auf einem ähnlichen Platz am Straßenrand geschlafen. Dort hielt am Abend auch ein Auto. Der Fahrer stieg aus und sprach uns in schlechtem Deutsch an. Er war Schweizer, der vor 28 Jahren ausgewandert war. Er erzählte sehr nett und sagte, wenn wir Zeit hätten, könnten wir gerne am nächsten Tag mal vorbei kommen. Dann würde er uns die Farm zeigen. 

Nun ja, der Ranger am Morgen war zumindest deutlich netter als der Camouflage Typ an dem Abend zuvor.. Er hatte uns schon um sechs Uhr morgens gesehen, aber weiter schlafen lassen. Wir unterhielten uns sehr nett über Gebiete im Südwesten der USA, konkret über Escalante und die Umgebung. Er erzählte uns, dass Bill Clinton das damals zu Schutzgebieten gemacht hatte und dass…. (er schaute sich in alle Richtungen um und fragte, ob er denn über Politik reden könnte)… der neue guy dort oben… nein nicht der, der da jetzt ist, sondern der davor…. alles wieder zu normalem Land machen wollte. Dieser guy wäre furchtbar und er kann nicht verstehen, dass so viele Amerikaner den gewählt haben. Falls dieser guy noch einmal wieder nach oben käme, hätte er Verwandte in Australien, die ihm schon angeboten hätten, dass er dann zu ihnen kommen könnte. 

Unsere Fahrt ging weiter durch Washington bis zur kanadischen Grenze, die wir um 12:05 Uhr erreichten. Die Einreise war komplett problemlos. Wir wurden nicht nach Obst und Gemüse und auch nicht nach Alkohol gefragt. Das Ganze dauerte höchstens fünf Minuten und wir waren wieder zurück in Kanada! 

207.256 km 
21,3°C 
Sonne mit Rauch 

Wir fuhren einige Zeit. Die Landschaft blieb ähnlich, aber die Luft wurde langsam wieder klarer. Schön!

Ein paar Gedanken zu den Vereinigten Staaten und warum wir so schnell wieder ausgereist sind: 

Also der Hauptgrund war das Wetter. Im Südwesten, dort, wo wir eigentlich hin wollten, waren noch kontinuierlich 30-35°C. Es ist dieses Jahr wohl im Frühjahr sehr verregnet und kalt gewesen und jetzt verschiebt es sich alles noch hinten (Hitze/Waldbrandsaison). So sagte es jedenfalls dieser Ranger.

Der Rest ist eine Summe aus kleineren Erlebnissen, die „genervt“ haben. Zum einen das schlechte Internet tagelang an der gesamten Küste von Oregon und Washington. Östlich des Gebirges war es dann allerdings ok. 
Des weiteren der Dreck und die Armut. Man sah überall, auch in den kleinen Orten, Menschen am Straßenrand betteln oder Plastikflaschen sammeln. Wir haben Leute gesehen, die ihr ganzes Hab und Gut im Einkaufswagen transportieren oder hinter einer Leitplanke an der Hauptstraße „wohnen“. Sehr viele leben auch in abgewrackten Wohnwagen. Das war ziemlich deprimierend. 
Müll lag überall herum. Nicht nur im Straßengraben, sondern auch an den Aussichtspunkten. Mülleimer auf den Parkplätzen gab es leider so gut wie nie. 
Dafür hingen aber in jedem Dorf die Trump Banner „Keep America great, Trump 2024“. Häuser verfallen und bleiben einfach im Müll stehen. Benzin und Diesel haben sich auch (wie überall) stark verteuert. An einer Tankstelle war ein Aufkleber mit dem Bild von Trump, der auf die Dollar-Tank-Anzeige zeigt und sagt „Biden did this!“
Jeder Highway ist hier einem der letzten Kriege geweiht. 

Ich habe auch Schilder gesehen: „We honor our veterans!“ Aber gleich am ersten Abend in den US haben wir einen alten Mann am Straßenrand gesehen, der ein Schild hochhielt, auf dem zu lesen war, dass er ein Veteran ist und um Unterstützung bittet. Kurze Zeit später dann eine junge Frau, die um Hilfe für ihre Mutter bat. 
So viel hoffnungslose Armut und Elend haben wir auf allen unseren Reisen bisher so noch nie gesehen. Weder in Russland, noch auf den Kapverdischen Inseln. Laut Wikipedia war hier die Armut 2012 am schlimmsten und seitdem geht es aufwärts. 2012 waren wir auch hier. Da ist es uns aber nicht so aufgefallen. Vielleicht haben wir einfach nicht richtig hingeschaut. 

Dann haben wir fast immer Schwierigkeiten gehabt, einen Platz für die Nacht zu finden, es sei denn, wir sind auf einen teuren RV-Platz gefahren. Aber selbst dort haben sie das Müllproblem nicht vernünftig gelöst. 
Gleich am zweiten Abend sind wir von einem nicht besonders schönen, kleinen Schotterplatz am Hafen gegenüber einer kleinen Werft verjagt worden. Aber nicht mit nettem Anklopfen und Erklären… Nein. Das Polizeiauto parkte oben an der Straße und blinkte uns fies an. Dann kam eine Durchsage per Lautsprecher „Depart the area! Depart the area!“ Auf einem weiteren Platz am Straßenrand, der auch völlig vermüllt war, hörten wir irgendwann gegen Abend jemanden Schießübungen machen, bestimmt 400 oder 500 Schuss. 

Menschen, die uns wie in Kanada nett und interessiert angesprochen hatten, gab es fast gar nicht. Dass wir ein anderes Nummernschild haben, hat kaum einer bemerkt. Dafür haben wir einmal, in der totalen Einöde nach kilometerlangem Fahren auf Schotterpiste, ein Paar gesehen, welches dort spazieren ging. Es waren knapp 40°C. Also trug sie nur ein Bikini Top und eine knappe kurze Hose. Dazu hatte sie sich dann allerdings einen Gürtel umgeschnallt, an dem die Pistole baumelte. 

Wenn ich nachdenke, fällt mir sicher noch viel mehr ein… Letztendlich habe ich mich von Tag zu Tag unwohler gefühlt, so dass ich nur noch Angst und schlechte Laune hatte. 

Also haben wir uns gesagt, im Südwesten der USA waren wir schon vier mal. Also geht’s jetzt erst noch einmal hoch dorthin, wo es uns so ausgesprochen gut gefallen hat und von wo wir ja eigentlich gar nicht weg wollten (wenn es denn jetzt mit einsetzendem Herbst und schlechterem Wetter mit unserer Lichtmaschine überhaupt möglich sein wird).

Ganz am Anfang der Reise haben wir uns mit zwei netten Kanadiern unterhalten, die uns nach unseren Plänen fragten. Wir sagten: drei Monate durch Kanada und drei Monate durch die US zurück. Da hat der freundliche Herr geantwortet: „Forget the US! Stay six month in Canada!“